St.Gallen ist Spitze

So steht es zumindest in den Reiseführern der Stadt. Und ja, natürlich gilt das auch ganz allgemein für St. Gallen, man denke da nur an die kulinarischen Versuchungen, die wir schon in unserem ersten Teil der Berichterstattung präsentierten. https://www.genusszeit.at/kulinarik/die-genussreichen-vier
Aber in erster Linie ist damit dann doch die lange Spitzentradition der Stadt gemeint. Bereits seit 1880 ist das Handwerk der Spitzenmacher in der Stadt bekannt und hat sie damit weltweit berühmt gemacht. Prominente wie Madonna und Charlène von Monaco tragen Kleider aus St.Gallen und Profis erkennen an einem Kleidungsstück sofort die Handschrift der Spezialisten. Und wohl jeder, der sich ein wenig für diese Thematik interessiert, der weiß, dass auch Amal Clooney in St. Galler Spitze vor den Altar trat. Aber auch große Designer wie Chanel, Christian Dior oder Armani verarbeiten Stickereien aus dieser Stadt. 

Textiltradition mit Qualität
Die Geschichte der Stoffe aus St. Gallen reicht bis in das frühe Mittelalter zurück. Über Jahrhunderte war das Leben der Bewohner von der Leinwandherstellung, der Verarbeitung von Baumwolle und dem Besticken gefertigter Stoffe geprägt. Unter anderem wurden und werden noch immer die Kostüme des Schweizer National-Circus Knie in St. Gallen gefertigt und anlässlich dessen 100 Jahre Jubiläums wurde eigens eine Ausstellung eingerichtet. In dieser sind noch bis zum bis 19. Januar 2020 faszinierende Kostüme aus 100 Jahren zu sehen, zu finden im Textilmuseum. Für diese Ausstellung wurden einige Räume in Zirkusambiente gestaltet, so sind zum Beispiel die Säulen mit roten Seilen umwickelt, 200 Meter Seil wurden da pro Säule verwickelt. Der Wandel in der Mode ist in dieser Ausstellung genauso abzulesen, wie die Geschichte des Zirkus, alle Kostüme sind handgenäht.  Prächtige Gewänder zeigen die einzelnen Programmpunkte eines Zirkus‘, auch die mit bunten Pailletten geschmückten Gewänder aus den frühen Jahren des Circus Knie, als dieser noch von Dorfplatz zu Dorfplatz tingelte, erzählen ihre Geschichte. Viele der wertvollen Stücke wurden von renommierten Kostümbildnern entworfen, die verwendeten Stoffe sind allesamt edel. In der aktuellen Ausstellung sind rund 90 Kostüme aus dem Privatbesitz der Familie Knie zu sehen, von welchen jedes einzelne eine Besonderheit ist. Der Gründer des Circus Knie war übrigens ein Österreicher und heute ist bereits die achte Generation tätig.

Wie sich die Textilherstellung in St.Gallen entwickelte, belegen auch die Exponate in der Dauerausstellung des Textilmuseums. Bestickte Vorhänge, die im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert als Hauptexportartikel vor allem nach Amerika geliefert wurden, sind unter anderem hier zu sehen. Eine besondere Attraktion ist die Handstickmaschine aus der Zeit um 1890.
Eigentlich fast logisch, dass die Eintrittskarte für das Textilmuseum auch aus Textil ist!

Gestickte QR-Codes
St. Gallen lebt von seiner Textilgeschichte und auch heute ist sie ein Anziehungspunkt für Besucher. Um diesen unkompliziert den Weg zu den wichtigsten, mit der Textilwirtschaft verbundenen Häuser zu weisen, wurden diese architektonischen Perlen mit gestickten QR-Codes versehen. Wer die Häuser mit den klingenden Namen wie „Oceanic“, „Washington“ oder „Wilson“ mittels Smartphone oder Tablet scannt, erhält schriftliche Informationen zu ihnen. Einkaufen geht natürlich auch und dafür finden sich zahlreiche Geschäfte mit Unikaten. Nicht günstig, aber wer etwas Besonderes haben möchte, ist hier genau richtig und geht zum Beispiel in die Manufaktur von Karin Bischoff. Sie fertigt Außergewöhnliches nach Maß.
Der Themenweg zur Spitzengeschichte startet bei der Tourist Information St.Gallen und führt auf rund fünf Kilometern zu herausragenden Textilgebäuden in der Innenstadt. Was die St.Gallner machen, das machen sie richtig. Und konsequent. Daher finden sich in der Stadt auch sogenannte textile Hotelzimmer, die in insgesamt 14 Ostschweizer Hotels angeboten werden und mit ausgewählten Stoffen renommierter St.Galler Textilunternehmen gestaltet sind. Dazu können textile Menüs genossen werden.

UNESCO Welterbe
Kein St. Gallen Trip kommt ohne Besuch des Stiftsbezirkes aus. 719 entstand das Kloster St.Gallen, welches mit seiner Kathedrale zu einem bedeutenden geistigen Zentrum Europas wurde. Aus dieser Zeit sind zahlreiche Handschriften und Urkunden erhalten, das wertvollste Exponat ist der St.Galler Klosterplan als der älteste erhaltene Bauplan Europas, der jetzt erstmals für die Öffentlichkeit im Original zu sehen ist und früheste Darstellung eines Klosterbezirks aus dem Mittelalter zeigt. Die Besichtigung des Klosterplans gleicht einer außergewöhnlichen Inszenierung, die Jahrhunderte alte Geschichte lebendig macht. Aber auch das älteste deutschsprachige Wörterbuch gehören zu den kostbarsten Schätzen.
Das Highlight ist mit Sicherheit die 1758 errichtete Stiftsbibliothek, die zu den schönsten historischen Büchersälen der Welt zählt und rund 170.000 Bücher beherbergt. Besondere Sehenswürdigkeiten sind der über zwei Meter hohe Globus aus dem 16. Jahrhundert und die ägyptische Mumie der Schepenese, die sich seit 1836 zusammen mit ihren Sarkophagen im Eigentum der Bibliothek befindet. Ihre Lebenszeit wird von ungefähr 650 bis 610 v. Chr. angegeben.
Die UNESCO erklärte 1983 den Stiftsbezirk mit der Stiftsbibliothek zum Weltkulturerbe und für die Besichtigung der Kathedrale und der Bibliothek sollte man ausreichend Zeit einplanen.

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