Einmal Quargel, bitte!

  • Die monumentale Dreifaltigkeitssäule

  • Legendärer Quargelgenuss

Wer kennt sie nicht, die intensiv riechenden und ebenso intensiv schmeckenden Quargeln. Ihren Ursprung haben sie im tschechischen Olmütz und sie polarisieren: entweder man liebt sie, oder man kann sie nicht einmal riechen - im wahrsten Sinn des Wortes.  Aber egal, welcher Fraktion Sie anhängen: ein Besuch in Olmütz ist auf jeden Fall empfehlenswert und wer der zweiten Gruppe angehört, lässt einfach die Quargel-Verkostung aus. Wir Liebhaber dagegen starteten unseren Olmütz-Trip eben mit jener Verkostung, die dann den Kulinarikplan des ganzen Tages obsolet machen sollte. Warun? Nun, das ist leicht erklärt: so frisch und geschmacksintensiv wie hier in Olmütz, hatten wir  den Sauermilchkäss, wie seine Fachbezeichnung richtig laut, noch nie gegessen. Zuständig für diesen Genuss ist das Restaurant Long Story Short (das auch ein Hostel beherbergt), und in Kombination mit dem selbstgebackenen Brot artete die Verkostung in ein derart ausführliches Quargel-Gelage aus, das in weiterer Folge kein Platz mehr blieb für andere Köstlichkeiten. Macht nichts, es gibt ja noch einen nächsten Tag.
Dieser wird kulinarisch gekrönt von einem genialen Abendessen im Restaurant Benada des Hotel Clarion, das praktischerweise nur zehn Minuten Fußweg vom Hauptbahnhof entfernt liegt, und neben angenehmen Zimmern vor allem über eine ausgezeichnete Küche verfügt. Die Vorspeise Selleriesalat kommt hier in der Größe einer Hauptspeise auf den Tisch, garniert mit Nüssen und Äpfel, und ist der beste Beweis, dass einfache Produkte in der richtigen Kombination zum kulinarischen Höhenflug werden können. Das Vier-Käse Risotto begeisterte nicht nur unsere Vegetarier, der (tschechische) Wein war von ausgesuchter Qualität und die Preise allesamt moderat. Ein echter Geheimtipp für gute, tschechische Küche mit internationalen Aspekten!

Dom, Villa & Palast
Fast könnte der Eindruck entstehen, Olmütz bestünde nur aus Essen. Da dem aber keineswegs so ist, wenden wir uns nun schleunigst den anderen  Wahrzeichen der Stadt zu. Ein guter Start dafür ist eine Führung im Erzbischöflichen Palast, der auch gleich eine Verbindung zu Österreich schafft. Denn in dessen Thronsaal wurde Kaiser Franz Joseph inthronisiert, wohin der Hof 1848 aufgrund des Wiener Oktoberaufstands geflohen war. Der Palast hat noch viel mehr Würdenträger gesehen, denn neben Maria Theresia, Ludwig van Beethoven, Vaclav Havel und dem russischen Zar Alexander I, war auch Papst Johannes Paul II hier. Heute ist hier mitunter der Erzbischof von Olmütz anzutreffen, denn schon seit dem 16. Jahrhundert dient der Palast als Residenz der Erzbischöfe war. Die Keramik-, Glas- und Porzellansammlungen zeugen von der Präsenz der Herrscherhäuser und vor allem von deren Reichtum.

Was bei einem Rundgang durch Olmütz sofort ins Auge fällt, ist die riesige Pestsäule (Dreifaltigkeitssäule) vor dem Rathaus auf dem Oberen Marktplatz, die sich auch die größte Europas nennen darf. 32 Meter hoch, wurde sie 1716 errichtet, und im Jahr 2000 in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen.  
Ein weiterer Fixpunkt bei einem Olmütz-Rundgang sind der Wenzelsdom und das Diözesanmuseum. Ursprünglich im Romantikstil erbaut, beeindruckt der Dom durch die Bauweise der dreischiffigen Kirche, die nach mehreren Bränden durch einen Umbau im gotischen Stil entstand. Später kam auch noch die Renaissance Kapelle des Heiligen Stanislaus hinzu.

Niemand kann Olmütz verlassen, ohne die Villa Primavesi gesehen zu haben und so statten auch wir der Jugendstilvilla einen Besuch ab. Allein ihr Standort in einem Garten, oberhalb der Stadtmauer, ist beeindruckend. 1906 von Franz von Krauss und Josef Tolk, den damals führenden Architekten der Wiener Moderne, für die Bankiersfamilie Primavesi erbaut, atmet sie Kultur und Geschichte in einem.  An der Innenausstattung waren namhafte Künstler beteiligt, so findet sich unter anderem auch der Name Gustav Klimt. Nur kurz wohnte die Familie Primavesi hier, in weiterer Folge diente das herrschaftliche Gebäude als Sanatorium, bis es nach dem Mauerfall 1992 der Familie wieder zurückgegeben wurde. Wirklich bestechend ist die Tatsache, dass die Villa nicht nur prunkvoll und mit wertvollen Einrichtungsgegenständen ausgestattet ist, sondern auch technisch eine Meisterleistung und ihrer Zeit weit voraus war. Wie zum Beispiel mit dem automatisierten, zentralen Staubsauger und dem kleinen, eigenen Kraftwerk.
Ein Städtetrip nach Olmütz hat einen Hauch vom habsburgischen Österreich, und zwar sowohl was die Geschichte anbelangt als auch im Hinblick auf die Architektur der Bauten. Gründerzeithäuser reihen sich an prunkvolle sakrale Bauten, das Kopfsteinpflaster ist wie in Wien. Man fühlt sich als Besucher fast ein bisschen wie zu Hause, wäre die nicht die andere Sprache. Aber auch das ist kein Problem, denn mit Englisch kommt man bestens durch und mitunter wird auch Deutsch gesprochen. Lassen Sie sich beim Schlendern durch die Gassen und über die Plätze in die altehrwürdige Habsburgerzeit versetzen, denn die ist noch sehr präsent.

Zum Abschluss wieder Quargeln
Trotz der beeindruckenden Kultur möchten wir unseren Bericht aber nun doch wieder mit der Kulinarik schließen. Nämlich mit einem Tipp für einen traditionellen, regionalen Mittagstisch. Dafür sei das Restaurant Pontrefena Husa empfohlen, das vor allem Traditionelles (und das in üppigen Portionen) bietet. Wasser gibt es gratis und in beliebiger Menge, die Lage direkt in der Fußgängerzone ist ideal und die Mischung aus tschechischer und altösterreichischer Küche sorgt für kulinarischen Genuss und gemütliches Ambiente. Tipp: Kosten Sie sich durch die Bierauswahl.
Als passenden Abschluss empfehlen wir einen Einkaufstripp zum Oberen Marktplatz, wo es unter anderem ein Käsefachgeschäft mit – erraten – einer grandiosen Quargelauswahl gibt. Die Palette an Käse ist beeindruckend und Quargel-Liebhaber sollten sich wirklich einige der Köstlichkeiten mit nach Hause nehmen. (Gut einpacken, sonst haben die Mitreisenden im Zug auch noch etwas davon…)

Die Anreise mit der Bahn von Wien nach Olmütz dauert rund 2,5 Stunden, mit den ÖBB ist ein einmaliger Umstieg notwendig. Der Fußweg zum Hotel Clarion ist 10 Minuten zu machen. Alles in allem lohnt ein Ausflug nach Olmütz sowohl in kultureller als auch in kulinarischer Hinsicht. Sorgen Sie also für gebührend Hunger in beiden Bereichen und buchen Sie ein Bahnticket und eine Nacht im Hotel Clarion. In zwei Tagen kann man sehr gut alles Wesentliche erkunden.

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