Ein Regentag in Millstatt

Das Drautal, eine der drei großen West-Ost-Talfurchen Österreichs, beherbergt, zusammen mit einigen kleineren Seitentälern, etliche Kärntner Kulturzentren, wie etwa die großen, Gmünd, Spittal oder Millstatt, aber auch einige kleine, feine, wie z.B. Nötsch. Die Großen bieten in der Sommersaison ein umfangreiches Kulturprogramm, das weit über die Landesgrenzen Kärntens bekannt ist. Doch was tut sich außerhalb der Saison und insbesondere an einem Regentag etwa in Millstatt? Um das herauszufinden, mache ich mich an einem Donnerstag-Mittag im März dorthin auf.
Um es gleich vorwegzunehmen, kulinarisch war da gar „nix“ los. Konditoreien/Cafes, bis auf die üblichen Bäckereiketten, sind bis zum letzten Aprilwochenende in Betriebsurlaub, ebenso Gasthäuser und die meisten Hotels und ich hatte schon die Befürchtung, dass das im Kulturbereich auch so wäre!

Parkplatz gesucht, Kunst gefunden
Mein erster Weg vom Parkplatz (Kurzparkzone, nur mit Parkuhr – sehr sympathisch!) war der ins Rathaus, weil ich dort einfach nach Informationen suchen wollte. Zu meine Überraschung läuft dort gerade eine Ausstellung über den Kärntner Holzschnittkünstler Rudolf Sodek, der die Tradition des Holzschnittes der Renaissance aufgenommen und zur Darstellung/Dokumentation von Kärntner Landschaft und Architektur übernommen hatte - und das bis zu seinem Tode 2004.  Mir waren seine technisch akkuraten Holzschnitte in der Vergangenheit in den Stuben alter Oberkärntner Bauernhäusern und in Freilichtmuseen schon aufgefallen, aber bislang konnte mir niemand sagen, wer denn der Künstler sei, geschweige denn weitere Informationen geben. Offenbar waren seine Arbeiten in den 50er/60er Jahren in Kärnten ziemlich beliebt. Und für mich hatte sich damit wieder mal eine „Lücke“ geschlossen. Zum Verständnis: Holzschnitte waren ab Ende des 15./Anfang des 16.Jhd. ein Medium, Informationen (etwa Blätter mit biblischen Darstellungen) relativ preiswert dem breiten Volk zugänglich zu machen und hatten bis zum Aufkommen modernerer Drucktechniken im 19.Jhd. durchaus ihre Berechtigung. Seither wird diese Technik ausschließlich für rein künstlerische Zwecke genützt. Insofern stellen die Arbeiten von Sodek eine wirkliche Besonderheit dar.

Kunst ist wetterunabhängig!
Vom denkmalgeschützten Rathaus dann hinunter in das ehemalige Benediktinerkloster (heute von den Bundesforsten verwaltet); es „schüttet“. Zuerst ein Abstecher in die romanische Pfarrkirche inmitten des ebenfalls denkmalgeschützten alten Friedhofs, auf dem man in einer parkähnlichen Landschaft noch auf eine Reihe von alten Gräbern, teilweise mit verrosteten Gusseisenkreuzen stößt. Der mächtige barocke Hauptaltar der Kirche wird -  nach einer mehr als 50-jährigen Pause - in der Fastenzeit von einem der ältesten und schönsten Fastentücher Österreichs aus dem 16.Jhd.(!) mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament verhüllt. Dann geht es weiter hinunter in den Renaissancehof des alten Klosters.
Neben dem Stiftsmuseum (Schwerpunkt Geschichte Millstatt – sehenswert!) finden sich dort im Obergeschoss auf Anhieb drei Galerien, zwei davon leider geschlossen, sie sperren erst im Mai auf bzw. nach Vereinbarung, aber die dritte erweist sich als Volltreffer. Die Galeristin, eine zugewanderte Deutsche, vertritt die Meinung, dass Kunst keine Jahreszeit kennen dürfe und „immer“ zugänglich sein müsse. Tatsächlich wird in der FKc (FORUM KUNST contemporary) rund ums Jahr hochwertige, internationale Gegenwartskunst präsentiert. Auch die Galeriebetreuerin erweist sich als Glücksfall und kann zu jeder Arbeit, zu jedem Künstler kompetent und in sehr netter Art und Weise Auskunft geben. Ich verweile doch dort länger als geplant und habe fast Mühe die Zwei-Stunden-Frist meiner Parkuhr einzuhalten. Zurück zum Rathausparkplatz, am Standesamt ist gerade eine Trauung zu Ende und ich nehme mir noch die paar Minuten, das sichtlich glückliche Paar zu sehen.
Und das ist es: Liebe und Kunst ist nicht wetterabhängig!

Essay by Walter Ritter

 

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