Es gibt wohl keinen Wiener, der nicht schon im Stephansdom gewesen wäre...
Es gibt wohl keinen Wiener, der nicht schon im Stephansdom gewesen wäre. Dieses Wahrzeichen geht ja ursprünglich auf das 12. Jhd. zurück, im 13.Jhd. entstanden ein spätromanischer Bau, von dem heute noch Teile in der Westfassade erhalten sind (etwa das „Riesentor“ – der Legende nach wegen des damals über dem Tor platzierten Knochens, der vom Riesen stammen sollte, der beim Bau geholfen hätte – in Wirklichkeit war es ein Mammutknochen), im 13. Jhd. begann die gotische Bauperiode, die im Wesentlichen im 16. Jhd. mit der Errichtung des Glockengeschosses auf dem unvollendeten Nordturm den Abschluss fand. Seither ist das äußere Erscheinungsbild praktisch unverändert. Der Brand in den letzten Kriegstagen 1945 ging keineswegs – wie oft behauptet – auf den Beschuss durch die Alliierten zurück, er war vielmehr „hausgemacht“, weil einheimische Plünderer in einem der umliegenden Häuser Brand gelegt hatten, der dann auf den Dachstuhl des Domes übergesprungen ist.
Vor einigen Tagen hatte ich Gelegenheit, im Rahmen einer Veranstaltung des „Katholischen Bildungswerk Wien“ an einer Abendführung teilzunehmen – keine Touristenführung, sondern eine höchst professionelle und - trotz der mehr als 2 ½ Stunden - kurzweilige Führung durch einen Mitarbeiter des Domkapitels, der uns nicht mit Jahreszahlen gequält, sondern tlw. kuriose und amüsante Details erzählt hat. Überaus beeindruckend der riesige, modernisierte Dachboden, der für Zusammenkünfte verwendet werden kann, der Spaziergang quasi in der Dachtraufe des Steildaches, die Lager mit Reservedachziegeln und Steinverzierungen und die professionelle Werkzeugausstattung, natürlich auch die Details zum Hochaltar (mit der dort eingebauten Schädelkalotte des Hl. Stephanus) und zum Grab Kaiser Friedrich III. Bemerkenswert auch die Katakomben (von den 30 Grabkammern können natürlich nur einige wenige besichtigt werden) und die Fürstengräber (15 Särge und – nach der Tradition der Habsburger nach dem Ritus der getrennten Bestattung – Urnen mit den Eingeweiden und Herzen von 56 Mitgliedern der Familie).
Natürlich können in St. Stephan die unterschiedlichsten Führungen gebucht werden (Domkirche St. Stephan), eine individuelle Erforschung ist auch mit Audioguide möglich, so eine allumfassende Veranstaltung jedoch bietet nur das Katholische Bildungswerk an – ein oder zwei Mal im Jahr. Es lohnt, darauf zu warten!
Essay by Walter Ritter
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