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Gebietsbezeichnungen können manchmal ja recht irreführend sein. So rührt der Name „Burgenland1“ nicht etwa daher, dass es in diesem Bundesland besonders viele Burgen gibt – ganz im Gegenteil, gemessen an der Fläche hat das Burgenland sogar die wenigsten Schlösser, Burgen und Burgruinen in Österreich. Die meisten - wieder gemessen an der Fläche - findet man hingegen im Bezirk St. Veit an der Glan in Kärnten, nämlich 62 (wenn ich richtig gezählt habe) der angeblich über 400 in diesem Bundesland (Quelle: kaernten.ORF.at), und das ist der Bedeutung dieses Gebietes im Mittelalter geschuldet: St. Veit war bis Anfang des 16.Jhd. Landeshauptstadt des Herzogtums Kärnten, damals freilich weit größer, von der Enns bis zur Adria reichend, und außerdem strategisch günstig gelegen, nämlich an den Schnittpunkten und Abzweigungen alter, bis zur Römerzeit zurückgehender Verkehrswege (Donau-Adria via Villach, ins Görschitztal Richtung Eisenzentrum Hüttenberg, Klagenfurt-Karawanken-Krain/Slowenien). Einige dieser Burgen sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt, wie etwa der Touristenmagnet Hochosterwitz.
Ruinen einmal anders betrachtet
Diesmal führte mich mein Weg zu zwei anderen Burgen. Zuerst zur Burgruine Liebenfels, einer Art Zwillingsburg ursprünglich aus dem 13. Jhd., sie wurde auf einem Hügel errichtet, der nachweislich bereits vor über 6.000 (!) Jahren besiedelt war. Die Burg diente den Landesfürsten (Grafen von Görz-Tirol) zunächst mutmaßlich als Repräsentationsbau, nach wechselhafter Geschichte - Ende des 15.Jhd. war sie sogar ein paar Jahre von Ungarn besetzt - verlor sie rasch an Bedeutung und galt schon Ende des 17. Jhd. als „verödet“. Seit Sommer 2020 hat sie allerdings einen neuen Pächter, einen in Liebenfels gebürtigen, ehemaligen Unternehmer, dem es innerhalb von knapp zwei Jahren gelungen ist, mit erheblichen persönlichen Investitionen die Burgreste nicht nur zu „konservieren“ - es wurden Mauern saniert, Dächer erneuert, Stiegenaufgänge wiederhergestellt (inkl. eines neuen „Skywalks“) - sondern zu einem neuen Touristen-Hotspot zu machen. Im mittelalterlichen Keller wurde auch ein Escape-Room („Kerkerflucht“) eingerichtet. Die Sanierung, die in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt umgesetzt wurde, machte sich jüngst auch bezahlt. Vom Land Kärnten erhielt die Burg das Tourismusqualitätssiegel in der Kategorie "Ausflugsziel". Der neue Burgherr (und Pächter) ist sich nicht zu schade, selber Führungen durchzuführen und sei es auch – wie in meinem Fall – nur für eine Einzelperson. Dabei bekommt man nicht nur einen Eindruck von seinem bemerkenswerten Engagement, sondern erfährt das eine oder andere „Schmankerl“ über die Sanierungsarbeiten, Kuriositäten über einen Schatzfund, der sich später als historische Fälschung herausstellte, und viele Burgdetails. Also wenn Sie mal in der Gegend sind: ein Abstecher dorthin zahlt sich aus!
Eine der Ortschaften der Gemeinde Liebenfels ist Gradenegg mit gerade mal etwas mehr als 100 Einwohnern (und natürlich einer - komplett verfallenen – Burgruine!). Der aus dem Mühlviertel stammende Künstler Heinz Möseneder hat sich dort in den 80ern im alten Pfarrhof angesiedelt und lange Jahre mit seiner Familie hier gewohnt. Neben seinem Brotberuf als Kunsterzieher im BG Tanzenberg hat er selbständig gearbeitet – der denkmalgeschützte, im Kern gotische Hof ist voll von seinem Schaffen. Er war überaus vielseitig aktiv und so finden sich neben seinen Acryl-Bildern überall auch Skulpturen aus den verschiedensten Materialien und sehr beeindruckende Glasfenster. Leider ist er 2022 verstorben und seine Familie hatte sich entschlossen, den Hof (und das Atelier) an zwei Wochenenden im Oktober (wieder) für Besucher zu öffnen, ehe die Arbeiten öffentlich zum Verkauf angeboten würden. Das war meine zweite Station. Die Atmosphäre des ehemaligen Pfarrhofs und die offene Art der Familie haben mir wirklich gutgetan und irgendwie hätte es mich nicht überrascht, wäre der Künstler selbst plötzlich um die Ecke gekommen – mit dem Pinsel in der Hand! Ein sehr netter Nachmittag.
Weiter zur dritten Station!
Auf dem Weg dorthin kurze Rast beim Glantalerhof mit Espresso und Schokoküchlein – und ausgesucht nettem Service. 2024 übrigens 2 Gabeln Falstaff und 1 Haube Gault & Millau – bei durchaus moderaten Preisen. Diese dritte Station war die Burg Taggenbrunn, knapp 9 Kilometer entfernt (bis Ende November wegen einer Brückenrenovierung nicht direkt über St. Veit, sondern nur über Hunnenbrunn/Sand erreichbar), etwas jünger als Liebenfels und lange Zeit im Besitz des Erzbistums Salzburg, jedoch Ende des 18. Jhd. auch eine „Ruine“; 2011 von einer ansässigen Unternehmerfamilie erworben, seither sukzessive aufwändig und überaus hochwertig saniert und erweitert und zu einem Weingut und Kulturzentrum „ausgebaut“. Die Burg selbst – u.a. barrierefrei mittels eines 40m hohen Panoramalifts erreichbar – beherbergt ein Restaurant mit Terrasse (grandiose Aussicht), Café und Weinbar, einen Burg-Shop (u.a. mit der Jaques Lemans Uhren-Kollektion des Unternehmers), ein archäologisches Museum mit den Funden aus der Umgebung, eine Veranstaltungshalle (Taggenbrunner Festspiele) und seit 2021 die von Andre Heller kuratierte Ausstellung „Zeiträume“ – das eigentliche Ziel meines Besuchs. Neben beeindruckenden Computer- und Lichtinstallationen und einer virtuellen Reise durch unser Sonnensystem bis hin zu unserem Erdkern in einem separaten Kinosaal, findet sich im ersten Raum die „Weltzustandsmaschine“ mit interaktiven Displays, an denen der Verschleiß der Ressourcen unseres Planeten in insgesamt 20 Kategorien (z.B. Wildbrände, kriegerische Konflikte, Abholzung/Baumsterben) in den vergangenen Jahrzehnten sekundengenau und drastisch abzulesen ist - aufschlussreich und mitunter auch erschütternd. Am Fuße des Burghügels, inmitten der Weingärten, ein Hotel, der ehemalige Getreidespeicher mit Veranstaltungsräumen, der Hofladen und in kurzer Entfernung ein Riesenspielplatz. Mein Tipp: Diese Location ein MUST!
Kontakt
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