Räume öffnen!

Das Museum der Moderne Salzburg, zeigt vier Sammlungspräsentationen. Das Jahr 2024 steht für das Museum der Moderne Salzburg im Zeichen großer Jubiläen: Vor zwanzig Jahren wurde der außergewöhnliche Standort am Mönchsberg eröffnet und zu einem neuen Wahrzeichen für das Land und die Stadt Salzburg. Vor zehn Jahren kam die Sammlung Generali Foundation, eine der bedeutendsten privaten Kunstsammlungen Österreichs mit internationaler Ausrichtung, als Dauerleihgabe nach Salzburg und ist seither eine produktive Akteurin am Museum. Anlässlich dieser Jubiläen präsentieret das Museum eine Ausstellungsreihe, die die herausragenden Kunstsammlungen zusammenführt, die am Haus bewahrt und erforscht werden: die eigenen Bestände, die Sammlung Generali Foundation sowie die Fotosammlung des Bundes und die Sammlung Land Salzburg / Kunstförderung. Zwei Ebenen auf dem Mönchsberg werden fast das ganze Jahr über mit vier Sammlungsausstellungen bespielt, wobei es sich genau genommen um zwei Präsentationen handelt, die zur Mitte ihrer Laufzeit zu neuen Präsentationen mit neuen Schwerpunktsetzungen umgebaut werden. Die Bandbreite der Sammlungen reicht von der klassischen Moderne bis zu den Neuen Medien, von historischen Bezügen bis zu den drängenden Themen der Gegenwart. Was verbindet diese Sammlungen? Welche gemeinsamen gesellschaftlichen und kulturellen Perspektiven eröffnet das künstlerische Spektrum der Bestände? Genau diesen Fragen widmet sich die Ausstellungsreihe, die dabei von zwei Grundmotiven ausgeht: dem sozialen Raum und dem Spiel.

Die vier Teile offenbaren ihre inhaltlichen Konzeptionen in den Titeln:
Räume öffnen! Die Sammlungen
2. Februar – 9. Oktober 2024
Mönchsberg, Ebene 3

Spielen heißt verändern! Die Sammlungen
15. März – 9. Oktober 2024
Mönchsberg, Ebene 1

Der Raum in unseren Köpfen. Die Sammlungen
10. Oktober 2024 – 2. Februar 2025
Mönchsberg, Ebene 3

Freies Spiel der Kräfte. Die Sammlungen
10. Oktober 2024 – 2. Februar 2025
Mönchsberg, Ebene 1
Die Ausstellungen werden vom Museum der Moderne Salzburg in Kooperation mit der Generali Foundation präsentiert.

DIe Ausstellung Räume öffnen! Die Sammlungen
Die Ausstellung Räume öffnen! trägt einer Entwicklung Rechnung, die dem Raum bzw. dem Raumbegriff einen besonderen Stellenwert als Analyse-instrument einräumt (spatial turn). Im Fokus steht dabei nicht der statische, geometrische Raum, sondern der Raum als ein von Menschen gestaltetes, erlebtes und codiertes Phänomen. Diese Bedeutungsverschiebung hin
zum sozial und kulturell geformten Konstrukt wurzelt nicht nur in der zunehmenden Mobilität unserer Gesellschaft. Auch erzwungene Migration, territoriale sowie politische Konflikte und klimatische Veränderungen tragen das Ihre dazu bei.
Die Ausstellung beleuchtet, wie Raum, Körper und Medien einander bedingen. Sie nimmt Schnittstellen, Zwischenräume und Übergänge in den Blick und erweitert den Museumsraum um Handlungs-, Erfahrungs- und Erinnerungsräume. Sie schlägt den Bogen von der klassischen Moderne bis hin zu den neuen Medien.
Mit Werken von  Annemarie Avramidis, Josef Bauer, Günter Brus, Georgia Creimer, Yan Duyvendak, Georg Eisler, Werner Feiersinger, Sylvie Fleury, Seiichi Furuya, Gelitin, George Grosz, Renée Green, Ulrike Grossarth, Manfred Grübl, Wolfgang Herzig, Kathi Hofer, Martha Jungwirth, Franz Kapfer, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Käthe Kollwitz, Alfred Kubin, Branko Lenart,
Luiza Margan, Manon, Kurt Mayer, Tim Noble und Sue Webster, Klaus Pamminger, Marjetica Potr?, Dargo J. Prelog, Simona Reisch, Annerose Riedl, Martha Rosler, Gregor Sailer, Egon Schiele, Markus Schinwald, Thomas Stimm, Margherita Spiluttini, Martin Walde, Lois Weinberger, Werkstatt Rixdorfer

Räume der (politischen) Erinnerung
Dem Erfahrungsgedächtnis von Zeitzeug:innen steht das kulturelle Gedächtnis von Gesellschaften gegenüber ? ein aufgrund seiner Bedeutung für die Identitätsbildung von Staaten hart umkämpftes Gebiet. Ein Ausdruck des kollektiven Gedächtnisses sind Denkmäler, in denen sich der öffentliche Umgang mit Geschichte widerspiegelt. Politische Denkmäler dienen der Legitimation von Machtverhältnissen: Sie vermitteln nicht nur Botschaften und Wertesysteme, sondern helfen, diese in der Gesellschaft zu verfestigen und zu normalisieren. Sie sind daher weniger als Objekte, sondern als eine von Menschen ausgeübte Praxis des Machterhalts zu lesen.
Der Zerfall des Ostblocks aber auch gesellschaftspolitisch wichtige Ereignisse wie die Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung werfen die Frage auf, wessen Werte und Ideale alte und neue Denkmäler zum Ausdruck bringen, mit welchem Recht und welcher Absicht. Wie gehen wir mit umstrittenen Denkmälern um? Künstler:innen thematisieren die Prozesse von Erinnern und Vergessen und machen deutlich, dass das kulturelles Erbe einer Dynamik folgt, bei der es darum geht, wessen Vision der Vergangenheit in der Gegenwart verfochten wird.

Urbane Lebenswelten
Bleibt die Vision von einer Stadt, die allen Einwohner:innen soziale Teilhabe und gerechte Lebenschancen bietet, reine Utopie? Im Zuge von Stadt-erneuerungsprozessen werden Menschen mit niedrigem Einkommen zunehmend aus ihren Stadtteilen verdrängt und in ihren Mitgestaltungs-möglichkeiten beschnitten. Insbesondere Armutsbetroffene, Angehörige von Randgruppen und Menschen mit abweichenden Lebensstilen sind von sozialer Ausgrenzung betroffen. Während stadtpolitische Kontroll- und Ordnungsmaßnahmen diesen Personen den Zugang zu öffentlichen Räumen erschweren oder verbieten, werden zugunsten einkommens-stärkerer Bewohner:innen in gentrifizierten Stadtteilen grüne Oasen, verkehrsberuhigte Flächen und Rückzugsorte geschaffen, die sich deutlich von den tristen Betonlandschaften bestimmter Randbezirke abgrenzen. Viele Künstler:innen stehen dieser Entwicklung kritisch gegenüber. Inwieweit kann Kunst – und insbesondere die Dokumentarfotografie – nicht nur Missstände aufdecken, sondern auch nachhaltige Veränderungen bewirken?

Naturraum
Heute besteht ein breites Bewusstsein dafür, dass der Mensch seit der industriellen Revolution für Schäden an der Umwelt verantwortlich ist, die unser Ökosystem vor allem in den letzten Jahrzehnten stark gefährden. Bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren standen Nachhaltigkeit und ein an der Natur orientierter Lebensstil im Fokus einer noch vergleichsweise kleinen Gruppe. Inzwischen hat es sich vor allem die junge Generation zum Ziel gesetzt, mit teils umstrittenen Methoden den Erhalt der Natur und der überlebenswichtigen Ressourcen (auch wirtschaftlich) in den Mittelpunkt zu stellen. Seit Jahren steht außer Frage, dass unsere Erde ein kostbares Gut ist, das es zu schützen gilt. Die dazu nötigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen hinken den wissenschaftlichen Erkenntnissen jedoch hinterher.
Künstler haben sich dem sensiblen Thema auf höchst unterschiedliche Weise angenähert: Sie hinterfragen den Umgang des Menschen mit der Natur, thematisieren deren komplexes Gleichgewicht, untersuchen unser Konsumverhalten und nehmen die Folgen unserer Wegwerfgesellschaft sowie das Artensterben in den Blick. Mit unterschied-lichen künstlerischen Mitteln loten sie zudem Möglichkeiten, die alternative Natur- und Lebensräume bieten, aus.

Rauminvasionen
Jede ästhetische Erfahrung eines Kunstwerkes hängt mit dem Ort zusammen, an dem es zu sehen ist. Ein Kunstwerk lädt seine Umgebung inhaltlich auf, gleichzeitig nimmt die Umgebung Einfluss darauf, wie es wahrgenommen wird. Seit Anfang der 1970er-Jahre rückt der White Cube, also die Präsentation von Kunst in weißen Räumen, ins Zentrum des Interesses. Die Künstler:innen beginnen über die damit verbundenen Ausstellungskonventionen nachzudenken, stellen deren Rahmenbedin-gungen infrage und greifen in architektonische Gegebenheiten ein.
Dreidimensionale Werke stehen aufgrund ihres raumgreifenden Charakters in einem besonderen Verhältnis zum Museumsraum. Der erweiterte Skulpturenbegriff umfasst nicht nur die Abkehr von traditionellen bildhauerischen Materialien und Techniken, sondern verwirft auch die Auffassung, das Kunstwerk sei ein abgeschlossenes Objekt. An dessen Stelle tritt die Vorstellung vom Kunstwerk als ein in Raum und Zeit erlebbarer dynamischer Prozess. Die Künstler:innen setzen dabei auf ein hohes Maß an Interaktivität zwischen den Betrachter:innen und ihrem Werk. Medienübergreifende und zeitbasierte audiovisuelle Medien inkludierende Arbeiten werden zu skulpturalen Inszenierungen.

Raum, Macht und Gender
Raum ist ein komplexes soziales Geflecht und steht in Wechselwirkung mit dem Menschen. Die Redewendung „Raum haben“ bedeutet, über Handlungs- und Entscheidungsbefugnisse zu verfügen. Raumaneignung geht mit Machtaneignung, Teilhabe und gleichzeitiger Ausgrenzung einher. Traditionell werden die Lebensbereiche in eine Sphäre des politischen Öffentlichen einerseits und des (vermeintlich) unpolitischen Privat-Familiären andererseits getrennt. Der erstgenannte Bereich wird dabei vorrangig den Männern, der zweitgenannte eher den Frauen zugeordnet. Obwohl die geschlechtsspezifischen Rollenmuster und die damit verbundene kulturelle Festschreibung, was als „typisch weiblich“ und „typisch männlich“ angesehen wird und welches Verhalten als angemessen gilt, zunehmend infrage gestellt werden, bleiben sie weiterhin wirkmächtig.
Sowohl im Kunst- und Kulturbetrieb als auch in vielen Kunstwerken spiegeln sich diese Rollenklischees wider. Zeitgleich mit dem Wiedererstarken der Frauenbewegung und ihrer Forderung nach einer Gleichstellung der Geschlechter zeigen Künstler:innen ab den 1970er-Jahren diese Problematik auf: Sie dekonstruieren die traditionellen Rollenanforderungen an die „ideale“ Frau, die begehrenswerte Ehefrau, glückliche Hausfrau und fürsorgliche Mutter zugleich zu sein hat, und fordern gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen.

Gefühlsbetonte Räume
Menschen ahmen unwillkürlich Gefühlsäußerungen anderer nach und lösen dabei vergleichbare Empfindungen in sich aus. Diese Übertragung geschieht durch die überzeugende Zurschaustellung von – echten oder vorgetäuschten – Gefühlen, sei es in der gelebten Wirklichkeit oder im künstlerischen Kontext. Indem die Beobachter:innen im Ausstellungsraum in fremde Gefühlswelten eintauchen, Freude, Schmerz, Eifersucht und vieles mehr mitempfinden, verschränkt sich die eigene Lebenswelt mit der Kunstwelt. Kunstwerke besitzen eine ganz besondere Atmosphäre, ein „Dazwischen“, das sich zwischen Werk und Betrachter:innen entfalten kann. Die hervorgerufenen Gefühle ermöglichen es uns, Erinnerungen an besondere Ereignisse, geliebte Menschen und außergewöhnliche Dinge wachzurufen oder ein Bewusstsein für Fragen nach komplexen Zusammenhängen wie Zugehörigkeitsgefühlen oder Verlusterfahrungen zu entwickeln. Und Gefühle sind dynamisch, also flüchtig und wandelbar – und das nicht nur in individueller, sondern auch in kultureller und zeitlicher Hinsicht.

Neues digitales Format: Fragen an die Kunst!
Lust auf O-Töne von Künstler:innen, Infos zu künstlerischen Techniken, Blicke hinter die Kulissen oder neue Perspektiven auf alte Themen? Das neue Format Fragen an die Kunst! verschränkt Gedankenanregungen im Museum mit dem digitalen Raum: Auf dem Ausstellungsrundgang finden die Besucher:innen Fragen an den Wänden, passende Antworten im Video, Text oder Bild gibt es im Guide in der kostenfreien MuseumStars App.
Dieses Projekt wird durch eine Förderung im Rahmen der Digitalisierungsoffensive des Landes Salzburg ermöglicht.
 

1. Februar 2024, 19 Uhr, Eintritt frei
Dauer der Ausstellung: 2. Februar – 9. Oktober 2024

Veranstaltungen
KunstHäppchen: Kunst in Kürze
Online Kurzführung durch die Ausstellung via Zoom Den Zoom-Link finden Sie auf unserer Website
Mi, 21. Februar und 3. April 2024, 12–12.30 Uhr
Raum, Macht & Gender

Kuratorinnenführung mit Barbara Herzog
Do, 22.2.2024, 18 Uhr
Verführerische Räume – Klimt, Schiele & Co

Kuratorinnenführung mit Barbara Herzog
Do, 11.4.2024, 18 Uhr
Naturraum – Stadtraum

Kuratorinnenführung mit Tina Teufel
Do, 2.5.2024, 18 Uhr

Erinnerungsräume. Kollektives Gedächtnis / Individuelle Erinnerung
Kuratorinnenführung mit Barbara Herzog
Do, 6.6.2024, 18 Uhr

Wie wir unseren Raum behaupten. Kunst im Spannungsfeld zwischen Körper, Zeit und Architektur
Direktorenführung mit Harald Krejci
Do, 20.6.2024, 18 Uhr

Familiensonntag: Schätze aus den Sammlungen
Familienführung
So, 30.6.2024, 14 Uhr

Aktuelle Informationen zu Veranstaltungen: www.museumdermoderne.at
 

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