Scherben bringen Glück

  • Die Leuchtenburg

  • Der "Schreibensteg" bei der Leuchtenburg

  • Die Porzellankirche in der Leuchtenburg

  • Die Wartburg ist ein Muss jedes Thüringen Urlaubes

Wer Thüringen sagt, denkt meist zuerst an Weimar und Luther, zu Recht, denn gerade Weimar ist untrennbar mit seinem Namen verbunden. Was dazu führt, dass andere, interessante Städte, wie zum Beispiel Erfurt oder Jena ein bisschen Mühe haben, aus dem Schatten der berühmten Städte zu treten. Dabei haben beide viel zu bieten.

Das Viertel der Wächter
Da wäre einmal die Landeshauptstadt Erfurt, die eindeutig durch den beeindruckenden Dom St. Marien dominiert wird. Prächtig thront der Bau auf seinem Domplatz und mit der Gloriosa besitzt er auch die die größte freischwingende, aus dem Mittelalter stammende Glocke der Welt. Aber auch das Schlendern zwischen den aufwendig restaurierten Patrizier- und Fachwerkhäusern ist ein besonderes Erlebnis und dafür ist die Krämerbrücke ein heißer Tipp. Denn diese Krämerbrücke ist die längste mittelalterliche Wohnbrücke Europas, auf deren ursprünglich sechs Brückenbögen einst 62 schmale Häuser standen. Zwischenzeitlich wurden diese zu 32 zusammengefasst und in den Gassen dahinter haben sich viele kleine Geschäfte mit ganz außergewöhnlichen Angeboten angesiedelt. Eine Senfverkostung in Born’s Senf Laden zeigt zum Beispiel, wie eigenwillig Senf schmecken kann und welchen geschmacklichen Unterschied es ausmacht, wenn der passende Senf verwendet wird. Rund 38 verschiedene Senfsorten warten in den Regalen auf ihre Abholung. Der Klassiker, nämlich jener, der zur Thüringer Rostbratwurst gehört, kann auch ganz frisch gezapft werden, was die Geschmacksintensität nochmals verstärkt. Seit 1820 wird hier schon Senf erzeugt, und die Senfkörner stammen ausschließlich von Thüringer Bauern.

Anschließend ein Einkaufstrip im Thüringer Spezialitätenmarkt, der so ziemlich alles führt, was für Thüringen typisch und vor allem regional ist. Auch hier ist es empfehlenswert, eine Verkostung einzulegen, bevor es weiter zur Goldhelm Schokoladen Manufaktur geht. Denn hier ist eine deftige Unterlagen notwendig, um die süßen Versuchungen so richtig zu genießen. „Brückentrüffel“ heißt die Vorzeigepraline und ist ein guter Tipp als Einstieg für die anderen Köstlichkeiten der Manufaktur. Verkosten und einkaufen ist dort die Devise.

Kleider machen Leute
Dieses Zitat trifft eindeutig bei Mone Luhn zu, die biozertifizierte, mitwachsende Kinderkleidung produziert. Bis zu drei Konfektionsgrößen wächst die Kinderkleidung mit und ist damit sicherlich die nachhaltigste Variante an Mode. Auf den Zipp, der als wichtigster Bestandteil das Mitwachsen sichert, hat Mohne Luhn ein Patent. Ihr Motto? Die gelernte Schneidemeisterin hatte irgendwann genug von den Herstellungsbedingungen in den großen Konzernen und setzt daher seit 2017 auf faire, nachhaltige Erzeugung. Einen deutlichen Gegenpol zur industriellen Erzeugung setzt sie, indem sie ihre Kinderkleidung hauptsächlich von alleinerziehenden Müttern aus Erfurt nähen lässt.
Ebenfalls in Mode macht Erfurter Blau von Rosanna Minelli, die ihre handgewebten Merinoschals selbst färbt. Interessant die Tatsache, dass die Farbe des Erfurter Blaus jedes Jahr anders ausfällt, immer abhängig vom Klima und dem Wetter. Je trockener, umso dunkler ist die Farbe.
Für die Mittagspause empfiehlt sich das Cafe Nüsslein, das sich direkt auf der Krämerbrücke befindet.
Was hat es aber nun mit den Wächtern auf sich? Das sind Kreative aus den verschiedensten Bereichen, die sich mit ihren Geschäften in Häuser eingemietet haben, die vom Verfall bedroht waren und so für deren Erhalt sorgen. Eine davon ist Doreen Reifenberger, die ihre ganze Liebe und Kreativität in das Label LOOP Keramik steckt. Individuelle Keramikstücke sind bei ihr zu erwerben und dort hineinzuschnuppern, eröffnet Einblicke in viel neue und außergewöhnliche Ideen.
Erfurts denkmalgeschützter mittelalterliche Stadtkern ist bestens erhalten, bei einem Spaziergang durch die Stadt sollte man auch die kleinen Nebengassen nicht außer Acht lassen, die viel Atmosphäre haben.  
Der Tatsache, dass Thüringen als Kernland der Reformation gilt, begegnet man auch in Erfurt. Nach Luthers Schulzeit in Eisenach studierte er in Erfurt Theologie und auf der Wartburg übersetzte er das Neue Testament. Die Wartburg sollten übrigens aller Thüringen-Besucher in ihren Besichtigungsreigen einbauen, denn sie atmet die ganze Geschichte der Reformation und sorgt für viel Information.

Porzellan lebt
Porzellanausstellungen sind eigentlich vorwiegend etwas für Fans von Geschirr – sollte man meinen. Dass es mit einen entsprechenden Konzept auch möglich ist, auch alle anderen Besucher zu begeistern, beweist die Leuchtenburg in Seitenroda. Die erste urkundliche Erwähnung als Stammburg der Herren von Lobdeburg-Leuchtenburg gab es bereits 1221, seit dem Jahre 2014 steht hier das Porzellan im Mittelpunkt. So findet sich neben der größten Porzellanvase der Welt auch die kleinste Teekanne der Welt, und Teetassen, die Jahrhunderte lang auf dem Meeresgrund lagen. Neben rund 600 Exponaten beherbergt die Leuchtenburg auch die einzige Porzellankirche der Welt. Bei einem interaktiven Rundgang erfahren die Besucher nicht nur im Detail alles über die Entstehung und die Entwicklung des Porzellans, sondern können sich auch beim Einwiegen für die richtige Mischung der einzelnen Substanzen versuchen.  Und weil Scherben eben Glück bringen, darf jeder Besucher am Ende des Rundgangs einen Teller mit seinen Wünschen versehen und diesen von einer Aussichtsplattform in die Tiefe werfen. Der Eintritt beträgt 13,50 € pro Person und das ist durchaus moderat, wenn man bedenkt, dass man gut einen halben Tag auf der Burg verbringen kann. www.leuchtenburg.de
Wer mehr über Porzellan erfahren möchte, reist entlang der Thüringer Porzellanstraße zu Museen und Manufakturen. www.thueringer-porzellan.de

Studentenstadt Jena
Neben Erfurt ist auch die Stadt Jena einen Besuch wert und doch ganz anders. Studenten prägen das Stadtbild und auch die Gastronomie. Gemütliche Kneipen oder Imbisse mit Kultstatus wie Fritz Mitte, der angeblich nicht nur die besten Fritten hat, sondern auch außergewöhnliche Salatkreationen und vor allem Sandwiches aus speziell hergestelltem Brioche-Brot und sorgfältig gesmoktem Fleisch aus artgerechter Haltung vom Landfleischer seines Vertrauens. Man sitzt an einem großen Gemeinschaftstisch, holt sich sein Essen selbst und trinkt aus der Flasche. Egal, ob es sich dabei um Bier oder Mineral handelt.
Jena besitzt aber auch das dienstälteste Planetarium der Welt, das Zeiss Planetarium und die Entstehungsgeschichte des Zeiss-Mikroskops kann im Optischen Museum erkundet werden.

Guten Appetit
Die Kulinarik ist im Urlaub ein wesentlicher Faktor: man möchte genießen, sich etwas gönnen und einmal nicht auf die Kalorien schauen. Dafür ist man als Urlauber in Thüringen dann genau richtig, denn sowohl die Thüringer Rostbratwurst, deren Rezept bereits 600 Jahre alt und geheim ist, als auch die Klöße sind köstlich, aber deftig. Zur Bratwurst gehört der klassische Senf genauso wie das Sauerkraut, und die Klöße sind sowieso fixer Beilagenbestandteil vieler Gerichte. Was diese Klöße von den klassischen Erdäpfelknödeln unterscheidet, ist deren Kern, der oft aus gerösteten Semmelbröckerln besteht. Der gute Rat muss also lauten, zuerst einen ausgiebigen Spaziergang durch Jena zu machen, um sich so richtig Appetit zu holen und anschließend essen gehen.
Thüringen steht in diesem Jahr auch wegen eines weiteren Jubiläums im Mittelpunkt, denn das Bauhaus feiert 100 Jahre. Und weil das Staatliche Bauhaus Weimar, Sinnbild für revolutionäre Ideen in der Stadtplanung und Architektur, 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet wurde, bietet sich nicht nur dort ein Besuch an, sondern es lohnen auch die zahlreichen Sonderausstellung und das neue Bauhaus-Museum Weimar.
Thüringen kann es: Kunst & Kultur, Kulinarik & Kreatives. Die Anreise von Österreich aus ist übrigens mit der Bahn gut möglich und von Wien aus ist Erfurt auch direkt ohne Umsteigen erreichbar.
 

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