Glitzernde Lichter, duftende Standln, Maroni und Punsch – in Brünn, dem...
Glitzernde Lichter, duftende Standln, Maroni und Punsch – in Brünn, dem tschechischen Kleinod unweit von Österreich, hat die Vorweihnachtszeit begonnen. Weihnachtsduft- und Luft durchzieht die Straßen der Altstadt und wird begleitet von Menschen, die das alles genießen. Schön, werden Sie jetzt beim Lesen vielleicht sagen, das mag ja alles stimmen, aber warum soll ich die Fahrt auf mich nehmen, denn das alles gibt es auch zu Hause. Nicht ganz, widersprechen nun wir, die wir dort waren. Denn in Brünn, und vermutlich auch in den meisten anderen Städten in Tschechien, ist das Angebot auf den Advent- und Weihnachtsmärkten doch noch eine Spur authentischer und traditioneller, als bei den meisten unserer Märkte. Von den Preisen mal ganz zu schweigen, denn die sind dort deutlich moderater.
Schmelztiegel Brünn
Kartoffelpuffer und Glühwein, böhmische Golatschen, gefüllt mit Topfen, Mohn und/oder Powidl gefüllt und mit Streusel bestreut. Anders als bei uns, sind diese Golatschen offen wie eine Pizza und auch in ähnlicher Größe. Dazu deftiges für den Hunger und Süßes in allen erdenklichen Varianten. Für große und kleine Kinder gibt’s ein Riesenrad, dessen Fahrt auch gleich einen guten Ausblick über die Stadt gibt.
Brünn ist eine Mischung aus Kulturen, Sprachen und Architektur, wobei bei Letzterem die Habsburger Vergangenheit nicht zu übersehen ist. Spaziert man durch Brünn, könnte es vielen Bereichen auch Wien sein. Gründerzeithäuser, Otto Wagner Geländer wie bei den Wiener ehemaligen Stadtbahnstationen, Bauten von Fischer von Erlach und UNESCO Welterbestätten – all das findet man in beiden Städten. Architektur ist in Brünn überhaupt ein präsentes Thema, denn bis hin zum Bauhaus-Stil findet sich fast alles. Allgemein bekannt ist die Villa Tugendhat als Bau der klassischen Moderne, entstanden 1930 nach einem Entwurf des Architekten Ludwig Mies van der Rohe und zum UNESCO-Welterbe zählt.
Wer jetzt meint, Brünn versinkt in alter Geschichte, der irrt: Denn mit ihren vielen Studenten ist diese Stadt lebendig und immer offen für Neues. Mit 16 Theaterbühnen ist Brünn auch ein Kulturzentrum, das für jedes Genre etwas bietet.
Wasser ist Leben
Absolut sehenswert sind die historischen Wasserspeicher der Stadt. Erbaut aus Ziegelsteinen, erinnern diese unterirdischen "Kathedralen" an Moria aus Tolkiens Herr der Ringe-Fantasietrilogie. Versorgten sie einst Hundertausende Einwohner Brünns, sind sie heute von der Wasserversorgung abgekoppelt, aber ein sehenswertes Detail in der Stadt. Sie liegen unmittelbar bei der Burg Špilberk, die dann gleich das nächste lohnenswerte Ziel ist. Wie alle Burgen auf einem Berg gelegen, bietet sie einen perfekten Blick über die Stadt und ist auch architektonisch interessant. Ursprünglich als gotischer Bau errichtet, wurde sie dann im Laufe der Zeit zu einer barocken Festung und schließlich zum berüchtigtsten Gefängnis von Tschechien. Erst Kaiser Franz Josef machte daraus ein „normales“ Militärgefängnis und heute kann die Burg besichtigt werden, bzw. finden im Sommer auch Konzerte statt.
Privatbrauerei mitten in der Stadt
Was wäre eine tschechische Stadt ohne Bier? Nur die halbe Sache und gibt’s in Brünn sicherheitshalber gleich eine Brauerei mitten in der Stadt. In der Brauerei Starobrno samt Gasthaus kann man nicht nur bestes tschechische Bier verkosten, sondern auch gut essen. Eine Führung durch das Gelände der Brauerei gibt Einblick dazu, wie der Gerstensaft entsteht.
Was muss man noch gesehen haben, in Brünn? Den Krautmarkt natürlich, der wie das Herz der Stadt ein Treffpunkt sowohl der Einheimischen, als auch der Gäste ist. Obst, Gemüse und im Advent alles, was weihnachtlich ist, gibt’s dort zu kaufen.
Historisches Geschehen
Wer hat nicht in der Schule von der Schlacht bei Austerlitz gehört, wo Napoleon einen ruhmreichen Sieg über die truppenmäßig überlegene Allianz aus österreichischen und russischen Truppen errang. Alljährlich zum Jahrestag am 2. Dezember wird die Schlacht nachgestellt und die Gäste finden rund um das Areal einen weitläufigen Markt mit allem, was das kulinarische und weihnachtliche Herz begehrt.
Einmal dort, sollte man unbedingt auch das Schloss Austerlitz besichtigen, das nicht nur ebenfalls mit Prunk glänzt, sondern auch eine historische Bedeutung hat. Denn im historischen Saal erfolgte die Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages nach dem Krieg. Dem Saal wird eine bemerkenswerte Akustik nachgesagt, nämlich dahingehend, dass Gespräche der jeweils anderen Partei nicht gehört werden konnten, aber andererseits heute dort Konzerte stattfinden. Das Schloss war im Besitz der Familie Kaunitz, wo eine der Nachfahren den legendären Fürst Metternich heiratete. Und zwar in der Schlosskapelle hier im Schloss. Heute gehört das Schloss der Stadt und ist unbedingt sehenswert. Zahlreiche Räume mit Prunk ausgestattet, ein Esszimmer mit einem Tischservice, das zum Hinsetzen einlädt und eine Galerie mit Barockgemälden. Und vor natürlich der großzügige Park, der nach dem Vorbild von Versailles angelegt und im 19. Jahrhundert in englischem Stil umgebaut wurde.
Von Brünn ist man in rund einer halben Stunde in Austerlitz und diese kurze Distanz sollte man für einen Ausflug nützen. Denn das Schloss ist interessant in seiner Aufteilung und auch das Schlachtfeld ist beeindruckend. Auch wenn die Vorstellung eines Kampfes in der damaligen Zeit sehr grausam ist.
Wie kommt man nach Brünn? Von Wien aus mit der Bahn in eineinhalb Stunden und um rund 15,00€, wenn man außerhalb der Kernzeiten fährt, sogar noch deutlich günstiger. Und auch wenn die Weihnachtsmärkte ein Anziehungspunkt sind, so ist Brünn auch außerhalb der Adventzeit eine Reise wert. Und vom Osten Österreich sehr, sehr nahe.
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