Bayern für Body and Soul. Lang vor Erfindung des Begriffs Wellness...
Wenn München, liebevoll auch die nördlichste Stadt Italiens genannt, sich plötzlich in einem Meer aus Dirndl und Lederhosen wiederfindet, skurrile Souvenirs an den Ständen auftauchen und die Anzahl der benötigten Schläge des Bürgermeisters beim Anzapfen Thema Nummer eins ist, dann es wieder so weit. „O`zapft is“. Und alle reden nur noch von der Wiesn oder vom Oktoberfest. Dabei findet das Event der Superlative weder ausschließlich im Oktober statt, noch feiert man ausgelassen auf einer Wiese.
Dennoch haben beide Bezeichnungen ihre Berechtigung. Die erste Wiesn fand tatsächlich auf einer Wiese statt. Der bayerische Begriff für Wiese ist Wiesn, Singularform, kein Apostroph notwendig ist. Und es war damals noch kein Ereignis, was die ganze Welt bewegte, sondern ein Pferderennen. Dieses fand anlässlich der Hochzeit von Ludwig von Bayern und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen am 17. Oktober 1810 statt. Der Platz, der heute im Herzen von München liegt, befand sich zu dieser Zeit noch am Stadtrand und wurde zu Ehren der im Volk sehr beliebten Prinzessin dann auch gleich noch nach ihr benannt. Wer also das Oktoberfest nicht gleich findet, der mache sich auf den Weg in Richtung Theresienwiese.
Der Ursprung des Oktoberfestes war erfolgreich gelegt und weil es so gut bei der Bevölkerung ankam, wurde es ab sofort mit einigen Ausnahmen alljährlich gefeiert. Es gesellten sich noch Buden und Karussells dazu, die erste Hendlbraterei sowie mehr und mehr Bierzelte. Das Ergebnis kennen wir ja. Mittlerweile lockt das Ereignis mehrere Millionen Besucher in die bayerische Landeshauptstadt an der Isar und findet Nachahmer rund um den Globus. Am originalen Oktoberfest dürfen immer noch ausschließlich Münchner Brauereien ausschenken, wobei speziell für diesen Anlass ein besonderes Bier mit 13,5 Prozent Alkohol gebraut wird.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein fand das Oktoberfest tatsächlich ab dem 17. Oktober statt, dem historisch fest gelegten Termin. Allerdings schlug da das Wetter schon gelegentlich derartige Kapriolen, dass immer häufiger Überlegungen laut wurden, es einen Monat vorzuverlegen. Was aber die Tatsache verhinderte, dass es sich zu der Zeit noch um überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen rund um die Theresienwiese handelte. Diese sollten vom Besucheransturm nicht niedergetrampelt werden. Das Oktoberfest musste also die Ernte abwarten. Ab 1872, als die Flächen immer mehr in Baugebiet umgewandelt wurden, konnte endlich dem Anliegen stattgegeben werden. Das größte Volksfest der Welt beginnt seitdem offiziell im September.
Damit das Oktoberfest auch für Familien und ältere Mitbürger attraktiv bleibt, gibt es seit 2005 das Konzept der „Ruhigen Wiesn“. Die Wirte werden dazu angehalten, bis 18.00 Uhr nur traditionelle Blasmusik zu spielen und die Lautstärke zu begrenzen. Danach geht die gesamte Wiesn dann in die weltberühmte Partystimmung über.
Das ganze Jahr über einen Hauch von Oktoberfest spüren kann man im Münchner Stadtmuseum. Dort finden sich einige interessante Exponate in Sachen Geschichte der Wiesn. So auch die historische Guillotine aus dem Jahr 1869. Das Spezialitäten-Theater „Auf geht`s beim Schichtl“ präsentiert bis heute Galgenhumor par excellence, täglich verlieren dort 25 Oktoberfest-Gäste in einem großen Spektakel ihren Kopf. Der Bonmot „Auf geht`s beim Schichtl“ ist als allgemeiner Aufruf zur Wiesn fest im Sprachgebrauch verankert.